Genau das ist sein Kniff. Es ist der Kniff der Postmoderne im Allgemeinen: Man darf etwas gut finden, was eigentlich schlecht ist. In der speziellen Situation des postsowjetischen Russlands trifft das genau das Bedürfnis der Menschen, nämlich sich auf die Lieder und Filme der sowjetischen Zeit einerseits beziehen zu können und gleichzeitig klarzustellen, dass das eine schlechte Zeit war. Damit kann Shnur beides transportieren: das, was gut ist am Alten, und im selben Atemzug die Kritik daran.

In Ihrem Film kann man spüren, dass Bandleader Shnur eine Persönlichkeit ist, die bei allem Charisma auch nicht immer einfach ist. Wie schwierig waren die Dreharbeiten?

Sie waren einfach und schwierig zugleich. Ganz nah kommt man an ihn nicht ran, trotzdem ließ sich vieles recht unkompliziert regeln. Er hat uns zum Beispiel des Öfteren seine Wohnung überlassen. Gleichzeitig ist er ein Einzelgänger und seine raue Schale ist nach meiner Einschätzung auch ein Stück Selbstschutz. Manchmal kam er zu Terminen nicht. Ein anderes Mal sagte er, die Kamera bleibt aus, wir gehen nur ein bisschen spazieren und unterhalten uns. Er ist sehr nett und sehr lustig, aber nicht unbedingt einfach.

Ihre Dokumentation ist Musikfilm und Analyse zugleich. Wie wichtig waren Ihnen die Bestandteile, die zu einem klassischen Musikfilm gehören, also Konzertausschnitte oder die Unplugged-Session, die Shnur mit einem seiner Musiker speziell für den Film eingespielt hat?

Das war mir sehr wichtig. Es ist gar nicht so einfach, die Energie einer Band rüberzubringen. Ich wollte die Dynamik so einfangen, wie sie ist - und sie nicht durch Kamerabewegungen oder Schnitte künstlich erzeugen.

War das Londoner Konzert ein Glücksfall?

Unbedingt. Die Band war gut drauf, die Zuschauer sind von Anfang an mitgegangen. Die Bühne war nicht erhöht, sodass die Musiker sozusagen mittendrin in der Party waren. Als ich den Raum gesehen habe, wusste ich sofort, das wird fantastisch.